26.03.2013

Über das Alleinsein

Nach zweiundzwanzig Jahren der selbstgewählten "Abhängigkeit" frage ich mich nun: Wieso verbringe ich so ungerne Zeit für mich allein? Schon als Kind blieb ich sehr ungerne Zuhause, wenn Mama nur kurz zum Supermarkt ging. Ich saß also am Fenster und wartete auf ihre Rückkehr. Natürlich hat sich dieser Zustand im Laufe der Jahre stabilisiert.

Ich wurde eigenständiger und nabelte mich von meiner Mutter ab. Gleichzeitig verbrachte ich immer mehr Zeit mit Freunden und schenkte ihnen meine volle Aufmerksamkeit. Mit ihnen war jeder Film spannender, die Sommer länger, jede Pizza schmeckte besser und jeder Kummer war schnell vergessen. Das muss die Zeit gewesen sein, in der mein Unterbewusstsein entschied: Du bist nicht gerne allein! Während andere also ihre freien Tage auch gerne damit verbringen, für sich zu sein, kann ich mir kaum etwas Unangenehmeres vorstellen. Wozu sollte ich Stunden mit mir alleine verbringen, wenn mir die zehn einsamen Minuten im Bad, eine Busfahrt, ein Einkaufsbummel oder die Zeit vor dem Einschlafen ausreichen?


Jeder kennt Tage, an denen er überfällige Erledigungen macht, Einkäufe tätigt und Briefe wegschickt, Serien schaut und keinem Menschen erzählt, wo er momentan ist. So schaffen wir uns eine gewisse Unabhängigkeit und ruhige Stunden, die durchaus angenehm sein können. Und doch frage ich mich, wieso sich Menschen auf diesem Gebiet so unterscheiden. Früher nahm ich an, dass mein Verhalten ein Frauenphänomen sei. Heute bin ich mir fast sicher, erklären kann ich es mir jedoch nicht.

Einige von uns müssen wohl erst noch lernen, allein sein zu können, um damit verbundene Ängste abzulegen und Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit zu erlangen. Vermutlich geht es dabei um sehr viel mehr. Mir geht es leider nicht anders, aber ich arbeite dran.